„Die Nutzerzahlen sind über Nacht explodiert“
Die Coronavirus-Pandemie stellte GF vor grosse organisatorische und strukturelle Herausforderungen. Viele davon hatte das Team der Corporate IT zu bewältigen. Uwe Kühne, Chief Information Officer bei GF, resümiert und blickt in die Zukunft.
Welchen Einfluss hatte die Coronavirus-Pandemie auf die Ausrüstung von GF mit digitalen Collaboration Tools?
Innerhalb weniger Tage konnte ein Grossteil der GF Mitarbeitenden bereits remote arbeiten – also von zu Hause aus oder an einem anderen Ort ausserhalb von GF. Die grösste Herausforderung war zunächst, unsere IT-Systeme für die sprunghaft gestiegene Nutzung fit zu machen. Ich meine damit vor allem den Zugang zum GF Netzwerk über das Virtual Private Network (VPN) und die Zusammenarbeit via Microsoft Teams. Die Nutzerzahlen von MS Teams sind über Nacht sozusagen explodiert: sie stiegen von ein paar hundert zu Beginn des Jahres 2020 auf mehr als 4’000 Anfang Juli. Wir hatten in dieser Zeit fast 40’000 virtuelle Meetings, mehr als 50’000 Anrufe und über 600’000 Chat-Nachrichten. MS Teams ist heute aus der täglichen Arbeit nicht mehr wegzudenken. Ohne die Corona-Krise hätte diese Entwicklung sicherlich nicht so schnell stattgefunden.
Uwe Kühne ist seit Februar 2020 als Chief Information Officer (CIO) auf Konzernebene bei GF in Schaffhausen (Schweiz) tätig. Zu seinen Hauptaufgaben zählt die Optimierung der IT-Landschaft von GF, um harmonisierte Prozesse und Plattformen weltweit zu ermöglichen. Seit 2002 war er bereits in verschiedenen IT-Funktionen auf Konzern- und Divisionsebene tätig, unter anderem die letzten drei Jahre als CIO von GF Casting Solutions.
Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Ich bin froh, dass wir durch die schnelle Einführung von MS Teams die Zusammenarbeit bei GF trotz erhöhter Home-Office-Tätigkeit und Social Distancing aufrechterhalten konnten. Aufgrund der fehlenden Vorbereitungszeit mussten wir jedoch wichtige Begleitmassnahmen auf ein Minimum reduzieren. Das heisst, wir konnten ursprünglich geplante Schulungen, Online-Trainings und die Begleitkommunikation nicht wie geplant umsetzen, weil wir die Lösung schnellstmöglich bereitstellen mussten. Dieser Umstand führt nun im laufenden Betrieb zu vermehrten Anfragen von Mitarbeitenden zum eigentlichen Zweck von MS Teams oder zu dessen optimaler Nutzung. Wir beabsichtigen daher, den Mitarbeitenden mittelfristig weitere Informationen bereitzustellen. Das generelle Feedback der Nutzer ist jedoch positiv. Ich habe das Gefühl, dass allen bewusst ist: ohne die schnelle Einführung von MS Teams wäre die Zusammenarbeit während der letzten Monate nicht möglich gewesen.
Wie digital ist GF heute aus Ihrer Sicht?
Es gibt bei GF bereits zahlreiche digitale Lösungen, die uns im Arbeitsalltag unterstützen. Ausser klassischen Tools zur Prozessunterstützung, wie SAP ERP oder Microsoft CRM, sind vielfältige Lösungen zur Abdeckung individueller Prozesse bei GF im Einsatz. Wir sind also schon recht gut mit digitalen Tools versorgt. Allerdings stellt die Einführung neuer Tools für einen einzelnen Zweck oder Funktionsbereich nur einen bedingten Mehrwert dar. In Zukunft müssen wir darauf achten, dass neue digitale Tools, Plattformen und Anwendungen mit einem breiteren Fokus geplant, eingeführt und genutzt werden.
Können Sie das genauer erklären?
Neue Tools machen uns nicht automatisch besser. Die Technik allein stellt keinen wesentlichen Fortschritt dar, solange unsere Prozesse, Arbeits- und Sichtweisen nach wie vor dieselben sind wie in der alten Papierwelt. Nehmen wir zum Beispiel unsere ERP-Systeme, die wir bei GF einsetzen. Für diese gibt es vom Softwarehersteller SAP eine neue Lösung mit vielen verbesserten oder zusätzlichen Funktionen zur Prozess-Digitalisierung, wovon auch GF profitieren würde. Wenn wir allerdings nur den technologischen Schritt auf die neue Plattform gingen, wäre das zu wenig. Statt die bisherigen, in Jahrzehnten gewachsenen Prozesse und Strukturen einfach eins zu eins auf ein neues System zu transferieren, müssen wir vielmehr unsere bestehenden Prozesse hinterfragen und auf einen neuen Stand bringen – denn wir sind heute globaler und vernetzter denn je und wollen agil auf Veränderungen reagieren können.
virtuelle Meetings fanden bei GF bis Anfang Juli via MS Teams statt.
Telefonate über MS Teams wurden bis Anfang Juli geführt.
Chat-Nachrichten wurden bis Anfang Juli über MS Teams gesendet.
Woran arbeitet das Team von Corporate IT zurzeit?
Die neue Arbeitsweise jenseits des Büroarbeitsplatzes stellt uns vor neue Herausforderungen, unter anderem hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit. Wir sind deshalb gerade dabei, mögliche Sicherheitslücken zu schliessen und zusätzliche Sicherheitsmechanismen einzuführen. Die Aktivierung der Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) für Cloud-Anwendungen Anfang Juli war ein erster und wichtiger Schritt in diese Richtung. Ausserdem wird sich ein neuer Chief Information Security Officer (CISO) als Schnittstelle zu den Bereichen Datenschutz, Risk Management und Internal Audit um den Schutz unserer GF eigenen Informationssysteme kümmern. Ausser diesen recht technischen Aktivitäten intensivieren wir die divisionsübergreifende Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen. Gemeinsam wollen wir so noch mehr aus den eingesetzten IT-Systemen und Geschäftsanwendungen herausholen.
Und was können die Mitarbeitenden in Zukunft erwarten?
Wir konzipieren zurzeit ein neues globales Netzwerk, das das feindselige Eindringen in unsere IT-Systemlandschaft frühzeitig erkennt, idealerweise vermeidet und so mögliche Schäden reduziert. Gleichzeitig soll das neue Netzwerk die verstärkte Nutzung von Diensten aus der Cloud, also aus dem Internet, besser berücksichtigen und unterstützen.
Zudem gestalten wir momentan die Art und Weise, wie wir die Arbeitsplätze bei GF bereitstellen, neu. Unsere derzeitige Ausstattung, besonders die Notebooks, sind in ihrer Konfiguration noch recht starr. Daher integrieren wir verstärkt Cloud-Lösungen von Microsoft, die uns mehr Flexibilität bieten. Auf diese Weise wollen wir die zunehmend mobile und digitale Arbeitsweise unterstützen und für einen grösseren Anteil unserer Mitarbeitenden möglich machen.